Mehrere Unternehmen nutzen eine gemeinsame Elektro-Fahrzeugflotte auf Basis modernster IT-Lösungen – das ist das Konzept des öffentlich geförderten Forschungsprojektes Shared E-Fleet, das von einem Konsortium bestehend aus mehreren Partnern getragen wird. Zurzeit wird dieses Konzept bereits im Einsatz getestet: Modellversuche finden am Münchner Technologiezentrum MTZ und am STEP Stuttgarter Engineering Park statt. Sofia Delgado und Birgit Kuhn, die Gründerinnen von muenchen-querbeet.de, sprachen mit Thomas Renner vom Fraunhofer IAO, einem der Konsortialpartner, über den aktuellen Projektstand.
M-Q: Wie hat man sich das Konzept von Shared E-Fleet vorzustellen? Können Sie es uns kurz erläutern?
Renner: Damit Elektromobilität von Unternehmen stärker genutzt wird, werden geeignete IT-Lösungen für das Flottenmanagement und die Einsatzplanung sowie wirtschaftliche Betreiberkonzepte benötigt. Hier setzt unser Projekt Shared E-Fleet an: Wir entwickeln die notwendigen IT-Lösungen für den Betrieb einer elektromobilen Fahrzeugflotte, die an verschiedenen Standorten und auch von mehreren Unternehmen gemeinsam genutzt werden kann. Die Lösungen sind einfach und kostengünstig webbasiert nutzbar und auch als Cloud-Lösung verfügbar.
Wichtige Elemente der Lösung sind ein benutzerfreundliches Buchungssystem und eine Software zur dynamischen Einsatzoptimierung, um die Auslastung zu maximieren und stets ein ausreichend geladenes Fahrzeug bereitstellen zu können. Der Zugang zu den Ladesäulen sowie das Öffnen und Starten der Fahrzeuge erfolgt durch die BlueID-Technologie bequem per Smartphone-App. Zusätzlich ermöglicht das intelligente Lademanagement eine Optimierung des Energieeinsatzes auf Basis verschiedener Ladestrategien.
Mit diesen Lösungselementen können Unternehmen, Behörden und Städte die Vorteile von Elektromobilität für ihre Flotte und ihr Umfeld erschließen und selbst einen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
M-Q: Gehört die Fahrzeugflotte an Elektrofahrzeugen einem der teilnehmenden Unternehmen bzw. wer ist der Eigentümer und wartet die Fahrzeuge?
Renner: Kernelement von Shared E-Fleet sind die Softwarelösungen, die den Betrieb einer Elektromobilen Fahrzeugflotte wirtschaftlich ermöglichen. Im Rahmen der Piloterprobung, die an mehreren Standorten erfolgt, kommen gegenwärtig vor allem BMWi3, aber auch Fahrzeuge anderer Hersteller zum Einsatz, die von Fraunhofer IAO geleast oder gekauft wurden. IT-Lösungen und Betreiberkonzept sind jedoch von nahezu jedem Unternehmen oder Anbieter von Fahrzeugsharing nutzbar.
M-Q: Welche Vorteile bietet das Business-Carsharing von Elektrofahrzeugen für den geschäftlichen Bereich?
Renner: Mit dem Business-Carsharing via Shared E-Fleet wird die Auslastung von Fahrzeugflotten erhöht und somit die Wirtschaftlichkeit gesteigert. Unternehmen zahlen anteilig, zum Beispiel auf Basis der Fahrten, die sie tatsächlich tätigen. Beliebige Umlagemodelle für die Kosten sind umsetzbar. Letztendlich geht es darum, gleichzeitig einen wirtschaftlichen und umweltfreundlichen Flottenbetrieb zu ermöglichen und die Nutzung von Fahrzeugen so einfach wie möglich zu gestalten. Hierzu gehört auch eine einfache, vollelektronische Möglichkeit der Abrechnung.
M-Q: Was ist der Unterschied zu den bereits vorhandenen Carsharing-Modellen, außer dass es sich bei Shared E-Fleet um geschäftliche Fahrten und keine Privatfahrten handelt?
Renner: Die meisten bestehenden Lösungen zum Carsharing sind so genannte Free-Floating-Systeme. Die Fahrzeuge werden an verschiedenen oder beliebigen Standorten abgestellt und sind häufig nur kurzfristig buchbar. Im geschäftlichen Umfeld benötigen Unternehmen eine langfristige Buchbarkeit und eine zuverlässige Verfügbarkeit. Wer einen wichtigen Termin hat, kann nicht kurz vorher buchen und hoffen, dass ein verfügbares Fahrzeug in der Nähe ist.
Ein weiteres wichtiges Einsatzfeld für die Shared E-Fleet-Software sind die Poolfahrzeuge in den Unternehmen selbst oder die Unternehmensflotten mit mehreren Standorten. Hier wird ein einzelnes Unternehmen zum „Sharing-Anbieter“ und benötigt dafür geeignete IT-Lösungen. Und nicht zuletzt ermöglicht die Software auch die Umsetzung einer privaten Mitnutzung von Unternehmensflotten.
M-Q: Wie ist der aktuelle Projektstand? Welche Schwierigkeiten müssen noch überwunden werden?
Renner: Gegenwärtig sind die Shared E-Fleet-Lösungen in unseren beiden Pilotprojekten in München und Stuttgart im Einsatz und haben nachgewiesen, dass sie die Herausforderungen einer Elektromobilen Fahrzeugflotte erfolgreich lösen. Ab Februar 2015 wird auch die Stadt Magdeburg einige Flottenfahrzeuge im Einsatz haben. Begleitend werden weitere Funktionalitäten umgesetzt und auch das intelligente Lademanagement optimiert. Anschließend wollen wir weiteren Unternehmen und Städten die Nutzung ermöglichen.
M-Q: Seit Juni 2014 läuft ein Modellversuch von Shared E-Fleet am STEP Stuttgarter Engineering Park und seit fast ebenso langer Zeit am Münchner Technologiezentrum MTZ. Gibt es dort schon erste Ergebnisse?
Renner: Durch das Feedback der Nutzer und die ergänzend ausgewerteten Daten konnten wir das System bereits wesentlich verbessern. Es wird rege genutzt und gehört für viele Nutzer mittlerweile zum Arbeitsalltag. Für weitere Interessenten haben wir ein auf YouTube verfügbares Video produziert, indem das Nutzungskonzept und die ersten Erfahrungen dokumentiert sind.
M-Q: Bisher wird das Business-Carsharing mit E-Fahrzeugen nur für Unternehmen eines Technologieparks und für Behörden angeboten. Für welche Business-Kooperationen kommt Business-Carsharing mit E-Fahrzeugen Ihrer Meinung nach noch in Frage?
Renner: Grundsätzlich ist Shared E-Fleet einerseits für jede räumlich konzentrierte Ansammlung von Unternehmen oder für alle Organisationen sinnvoll, die mehrere Standorte oder Projektpartner innerhalb der Reichweite von Elektrofahrzeugen besitzen.
Andererseits kann man die gesamte Plattform mit ihren Komponenten jedoch auch für den Betrieb einer „herkömmlichen“ oder hybriden Flotte – hoffentlich in Kombination mit vielen Elektrofahrzeugen – einsetzen. Damit ist Shared E-Fleet auch für alle Unternehmen und Organisationen relevant, die ihre Flotte einfach managen oder um E-Fahrzeuge erweitern möchten.
M-Q: Welche Rolle spielt die IT-Technologie bei der Entwicklung moderner Zukunftsmobilität?
Renner: Informations- und Kommunikationstechnik ist für die Mobilität der Zukunft unbedingt erforderlich. Ohne geht es nicht. Sie stellt Informationen in Echtzeit bereit und ermöglicht Transaktionen von jedem Ort der Welt. Die IT bildet die Grundlage für die Umsetzung von intermodaler Mobilität, bei der die verschiedenen Verkehrsträger sinnvoll und kostengünstig miteinander kombiniert werden können. Erst auf Basis von neuen IT-Lösungen wird ein intelligentes Energiemanagement ermöglicht und so kann das intelligente Laden von Elektrofahrzeugen auch einen Beitrag zur Stabilität der Energienetze leisten. Dies wird mit dem zunehmenden Einsatz von regenerativen Energien immer wichtiger.
Daher wird unser Projekt auch im Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität II – Smart Car – Smart Grid – Smart Traffic“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gefördert.
M-Q: Wann, glauben Sie, wird das Business Car-Sharing mit E-Fahrzeugen marktreif sein?
Es steht dem Einsatz von Business Car-Sharing schon heute nichts mehr im Wege. In Projekten wie Shared E-Fleet werden die Lösungen entwickelt, die das Business-Carsharing zur Marktreife führen. Wir haben bereits viele Anfragen potentieller Kunden aus der Wirtschaft erhalten, die Shared E-Fleet gerne einsetzen möchten. Wir sind daher zuversichtlich, dass 2015 weitere Unternehmen und Organisationen auf diesen bereits fahrenden Zug aufspringen werden.
Vielen Dank für das Interview!
Kontakt:
Thomas Renner
Fraunhofer IAO
Nobelstraße 12
70569 Stuttgart
Telefon: 0711-970-5120
Email: info@shared-e-fleet.de
Web: http://www.shared-e-fleet.de/
Web: http://www.e-business.iao.fraunhofer.de