Nachhaltige Mode für Menschen gibt es schon länger, nachhaltiges Zubehör für Tiere ist ein noch junger Trend. Kinga Rybinska entwirft praktisches Hundezubehör aus recycelten Materialien in Handarbeit. So entstehen Einzelstücke oder Kleinserien, die nicht nur gut aussehen, sondern auch der Umwelt helfen. muenchen-querbeet.de sprach mit Kinga Rybinska über Second Hound und nachhaltiges Hundezubehör. 

M-Q: Wie lange hat es von der Idee bis zur Umsetzung von Second Hound gedauert?

Rybinska Ein paar Monate. Erst bekam mein Hund ein selbstgenähtes Spielzeug: Es war ein Stofftier aus Stoffresten. Irgendwann, als ich in einer großen Handlungskette nach einem schönem Hundebett gesucht habe und nur schreckliche Massenprodukte aus künstlichen Textilien vorfand, kam mir der Gedanke, es selbst herzustellen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt einen übervollen Kleiderschrank und wusste nicht wohin mit den Sachen.

M-Q: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Umweltschutz generell für Sie?

Rybinska: Eine sehr große: In Berlin fahre ich fast immer Fahrrad oder nehme die Öffentlichen. Ich kaufe nur loses Obst und Gemüse und versuche Plastik so gut wie es geht zu reduzieren – auch wenn es einem sehr schwer gemacht wird. Ich lebe vegetarisch, verwende alles mehrmals und kaufe kein Zeug, das ich nicht brauche. Ich gehe nicht in die Discounter zum Einkaufen – die Eigentümer haben ihre Milliarden auf Ausbeutung anderer, hauptsächlich der Bauern und Hersteller gewonnen. (s. den letzten Oxfam-Bericht: Die fünf reichsten Deutschen besitzen so viel wie 40 % aller Menschen in Deutschland. Darunter ist Aldi und Lidl.)

M-Q: Woher stammen die Materialien für das Hundezubehör?

Rybinska: Die meisten stammen (noch) von meiner Familie, die zu wahren Sammlern gehören: Es sind neue Reststoffe und hochwertige Kleidung. Einen Teil haben auch meine Freunde gespendet. Mittlerweile habe ich auch eine Kooperation mit der Sozialstation in Berlin, wo ich hochwertige Bettwäsche, Tischdecken und Baumwollhemden kaufe. Das Geld wird sozialen Zwecken gespendet und ich komme günstig an qualitativ sehr gute Ware. Ab und zu kaufe ich auch bei Second Hand Shops ein.

M-Q: Welche gebrauchten Textilien werden verwertet und was machen Sie daraus? 

Rybinska: Ich verwende am meisten hochwertige Hosen, Jacken, Hemden sowie Bettwäsche, Tischecken und Vorhänge. Aus großen Stücken entstehen Hundebetten und -decken, aus kleineren oder aus Verschnitten / Resten nähe ich Hundespielzeug, Futterbeutel, Halstücher. Aber nicht nur Kleidung kann ich gut gebrauchen. Auch Regenschirme, Isomatten oder Kletterseile bekommen ihre zweite Chance. Gerade kaputte Regenschirme sind im Überfluss vorhanden und eigenen sich perfekt als Innenseite für Futterbeutel, da sie wasserundurchlässig und schmutzabweisend sind und sich gut waschen lassen. Aus Isomatten mache ich dünne Hundematten für kälteempfindliche Hunde – es ist nicht als Hauptbett gedacht, sondern als eine Mitnimmdecke bei einem Restaurantbesuch zum Beispiel.

M-Q: Wo lassen Sie Ihre Hundeaccessoires produzieren? 

Rybinska: Es ist ein Familienunternehmen: Meine Mutter, die eine ausgebildete Schneiderin ist und beinahe 50 Jahre Berufserfahrung hat, hilft mir bei den (für mich) schwierigen Stücken. Meine Schwester häkelt wunderschön und alles, was ich nur erdenke. Ich nähe und mache alles andere. Mittelfristig werde ich allerdings eine professionelle Hilfe suchen: In Berlin oder Brandenburg gibt es genug kreative Schneiderinnen. Vielleicht suche ich auch jemanden etwas weiter östlich, um meine Landsleute zu unterstützen.

M-Q: Sie betreiben einen Onlineshop und haben zusätzlich einen stationären Hundeladen in Berlin. Was läuft besser und was für Menschen kaufen bei Ihnen ein?

Rybinska: Im Moment hält sich die Begeisterung auf beiden Kanälen noch in Grenzen. Mit dem E-Shop habe ich bei den Suchmaschinen gegen hundeland, petobel, fressnapf, zooplus und amazon zu kämpfen. Und im stationären Handel muss ich die richtige Zielgruppe erst erreichen. Sechs Monate sind noch zu wenig. Die Zielgruppe ist halt sehr spitz: Ca. 10 % aller Menschen in Deutschland haben Hunde. Und ich spreche die Hundehalter an, die umweltbewusst leben und auch für ihre Hunde gesundes Futter und nachhaltiges Hundezubehör kaufen wollen. Das sind nicht gerade Millionen von Kunden.

M-Q: Kann man bei Ihnen im Laden Stoffe oder gebrauchte Kleidung für die Weiterverwertung abgeben? Wenn ja: Worauf sollte man achten?

Rybinska: Ja, das ist ein Teil des Konzepts: Man kann seine Lieblingsjacke oder Hose, in die man nicht mehr reinpasst, zu einem Hundeartikel verarbeiten lassen. So landet das Kleidungsstück nicht auf dem Müll und der Hundehalter hat eine Hundedecke oder Spielzeug, die einen emotionellen Wert haben. Man muss darauf achten, dass der Stoff robust ist und nicht von einer Billigkleidungsmarke stammt. Gerade im Fall von Spielzeug, das ja im Hundemaul landet, könnten gefährliche Chemie enthalten sein.

M-Q: Sie spenden ein Prozent Ihrer Einnahmen monatlich an Tierschutzprojekte. Welche Projekte wurden bisher unterstützt?

Rybinska: Unter anderem habe ich an Tiere in Not Odenwald, die Berliner Glückspfoten, Tasso und den Tierschutzverein Amicus im polnischen Glogau gespendet.

M-Q: Sie bieten Bio-Hundespielzeug und konventionelles Hundespielzeug an. Warum? Ist das eine bewusste Entscheidung? 

Rybinska: Ich setze auf Re- und Upcyling, verwende Kleidung und Stoffreste, möchte dabei keine neuen Stoffe einkaufen, sondern das nutzen, was vorhanden ist, um Textilmüll zu reduzieren. Gebrauchte Biobaumwolle ist so gut wie nicht zu bekommen. Außerdem ist auch Biobaumwolle kein Umweltwunder – wegen des hohen Wasserverbrauchs. Deswegen ist „nachhaltig“ für mich entscheidend und nicht „bio“. Und  nachhaltig handel ich, indem ich Kleidung, Reststoffe, Verschnitte und Gegenstände umfunktioniere und vor dem Müllhaufen rette.

Es gibt auch Bio-Hundespielzeug bei SECOND HOUND – das sind eingekaufte Sachen, die ich selbst – bzw. mithilfe meines Hundes – ausprobiert habe und von denen ich absolut überzeugt bin, wie etwa Bälle aus Bambus, Reis und Naturkautschuk. So gut wie unverwüstlich für Hundezähne, aber rein pflanzlich. Sie schaden weder dem Hund, bei denen es auch solche Spezialisten gibt, die alles zerkleinern können, noch der Umwelt: die Dinge verrotten zu 100 % nach etwa 2 Jahren.

M-Q: Gibt es so etwas wie einen “Renner“ unter Ihren Upcycling-Produkten für Hunde? 

Rybinska: Am besten laufen die Futterbeutel – diese braucht so gut wie jeder, der mit seinem Hund trainiert. Meine entstehen aus Jackenärmel oder Hosenbeinen.

Seit Neustem habe ich auch wunderschöne, gehäkelte Täschchen für die Hundemarken: wunderhübsch und äußerst nützlich, wenn man das Geklimpere vermeiden will. Sie finden auch sehr guten Zuspruch.

Vielen Dank für das Interview!

Kurzbiografie Kinga Rybinska

– Germanistikstudium und Journalistik-Aufbaustudium (Uni Breslau und Mainz)
– lebenslanger Traum: Tierärztin
– mehrere Redaktionsstellen in Festanstellung
– eine große Schwester
– Hunde aus dem Tierschutz
– Ausbildung zur Hundetrainerin in Berlin

Kontakt:

Second Hound
Kinga Rybinska
Lehmbruckstraße 6
10245 Berlin

Tel:  030- 52667382
E-Mail: info@second-hound.com
Web: http://www.second-hound.com